ᐅ Rechtsfähigkeit: Definition, Begriff und Erklärung im JuraForum.de (2025)

Inhaltsverzeichnis

  • Rechtsfähigkeit - bei natürlichen Person
  • Ab wann ist man rechtsfähig?
  • Wann endet die Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person?
  • Zwischenform - Teilrechtsfähigkeit
  • Abgrenzung zur Geschäftsfähigkeit
  • Rechtsfähigkeit - bei juristischen Personen (GmbH, Verein etc.)
  • Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)
  • Sonderfall - Grundrechtsfähigkeit

ᐅ Rechtsfähigkeit: Definition, Begriff und Erklärung im JuraForum.de (1)
Rechtsfähigkeit gemäß BGB (© MQ-Illustrations – stock.adobe.com)

Rechtsfähigkeit meint rein juristisch, die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Das bedeutet im Klartext, man kann Verträge abschließen sowie klagen und verklagt werden, erben usw. Im Prozessrecht entspricht dies der Parteifähigkeit bzw. der Beteiligtenfähigkeit (vgl. § 50 ZPO, § 61 VwGO).

Rechtsfähigkeit - bei natürlichen Person

Die Rechtsfähigkeit ist das entscheidende Merkmal einer natürlichen Person.

Ab wann ist man rechtsfähig?

Nach § 1 BGB [Bürgerliches Gesetzbuch] beginnt sie mit der Vollendung der Geburt. Die Rechtsfähigkeit ist damit unabhängig von Staatsangehörigkeit, Geschlecht oder Herkunft. Sie kann einem Menschen auch nicht durch behördliche oder gerichtliche Entscheidung aberkannt werden. Allerdings kann auch ihr Träger sie nicht durch Verzichtserklärung aufheben oder beschränken.

Vollendung der Geburt meint den vollständigen Austritt aus dem Mutterleib. Eine Loslösung der Nabelschnur ist indes nicht erforderlich. Ebenso stehen Missbildungen der Rechtsfähigkeit nicht entgegen. Das Kind muss bei der Vollendung der Geburt jedoch leben. Eine Lebensfähigkeit ist wiederum nicht erforderlich. Es steht der Rechtsfähigkeit also auch nicht entgegen, wenn das Kind kurz nach der Geburt verstirbt.

JuraForum.de-Tipp: Es gibt allerdings auch gesetzliche Ausnahmen, durch die bereits der Nasciturus (also der ungeborene Mensch) rechtsfähig ist. Dies ist etwa bei der Erbfähigkeit nach § 1923 Absatz 2 BGB der Fall. Daneben gibt es ähnliche gesetzliche Ausnahmen für den noch nicht Erzeugten (sog. nondum conceptus), etwa die Einsetzung als Nacherben (vgl. §§ 2101, 2106 Absatz 2, 2109 Absatz 1 BGB) oder als Vermächtnisnehmer (vgl. 2162, 2178 BGB).

Wann endet die Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person?

Die Rechtsfähigkeit endet mit dem Tod (Ableitung aus § 1922 Absatz 1 BGB). Der tritt nicht schon mit Ende der Herztätigkeit ein, sondern bei einem endgültigen Ausfall der gesamten Hirnfunktion (sog. Hirntod).

Zwischenform - Teilrechtsfähigkeit

Es gilt zu beachten, dass neben Rechtsfähigkeit und Nichtrechtsfähigkeit auch die Zwischenform der Teilrechtsfähigkeit allgemein anerkannt ist. Eine solche Teilrechtsfähigkeit hat beispielsweise der

  • Nasciturus inne (ungeborene Leben), aber auch die
  • Personengesellschaften aus dem Handelsgesetzbuch (oHG, KG etc.), die
  • Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder die
  • Erbengemeinschaft.

Abgrenzung zur Geschäftsfähigkeit

Ferner gilt es zu beachten, dass der Grundsatz der Rechtsfähigkeit nicht bedeutet, dass jedermann jede Art von Rechten haben kann. Allein das BGB kennt eine Vielzahl von Rechtsstellungen, die ein bestimmtes Alter, ein bestimmtes Geschlecht oder ein sonstiges besonderes Merkmal voraussetzen:

In vielen Fällen wird die Geschäftsfähigkeit der natürlichen Person gefordert. Diese tritt grundsätzlich mit dem Eintritt in die Volljährigkeit ein (vgl. § 2 BGB, §§ 104 ff. BGB). Sie hat eine weitrechende Wirkung, etwa die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB, das Ende der elterlichen Sorge (§ 1626 Absatz 1 BGB), die Ehemündigkeit (§ 1303 BGB), die unbeschränkte Testierfähigkeit (§§ 2247 Absatz 4, 2229 Absatz 1 BGB) oder die Prozessfähigkeit (§ 52 ZPO).

Mit der Vollendung des 7. Lebensjahres ist eine natürliche Person lediglich beschränkt geschäftsfähig (vgl. §§ 106 ff. BGB). Bis zu diesem Zeitpunkt ist eine natürliche Person – ebenso wie eine natürliche Person mit einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit – geschäftsunfähig (vgl. § 104 BGB).

Die Geschäftsfähigkeit gehört zur Handlungsfähigkeit, die wiederum von der Rechtsfähigkeit zu unterscheiden ist. Die Handlungsfähigkeit meint nämlich die Fähigkeit, durch eigenes Handeln Rechtswirkungen hervorzurufen. Neben der Geschäftsfähigkeit umfasst die Handlungsfähigkeit daher auch die Deliktsfähigkeit (§§ 827 f. BGB) und die Verantwortlichkeit für die Verletzung von Verbindlichkeiten (§ 276 Absatz 1 Satz 2 BGB).

Rechtsfähigkeit - bei juristischen Personen (GmbH, Verein etc.)

Juristische Personen sind Vereinigungen von Personen und / oder Sachen zu einer rechtlich geregelten Einheit, die ihre Rechtsfähigkeit von der Rechtsordnung verliehen bekommen. Dadurch können sie Träger eigener Rechte und Pflichten sein und auch vor Gericht klagen und verklagt werden.

Eine juristische Person, die durch Vertrag gegründet wird und deshalb Rechtsfähigkeit verliehen bekommt, nennt man juristische Person des Privatrechts. Dazu zählen u.a.

  • Verein (§§ 21 ff. BGB),
  • Stiftung (§§ 80 ff. BGB),
  • GmbH,
  • AG.

JuraForum.de-Tipp: Es gibt auch den nicht rechtsfähigen Verein, vgl. § 54 BGB.

Rechtsfähige juristische Personen des Privatrechts sind gem. § 2044 Absatz 2 Satz 3 BGB sogar erbfähig und gem. § 11 Absatz 1 und 2 InsO [Insolvenzordnung] insolvenzfähig. Gleiches gilt im Übrigen auch für teilrechtsfähige Personengesellschaften (vgl. oben).

Eine juristische Person, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorgaben entsteht und deshalb Rechtsfähigkeit verliehen bekommt, nennt man juristische Person des öffentlichen Rechts. Dazu zählen insbesondere Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.

JuraForum.de-Tipp: Es gilt zu beachten, dass die Rechtsfähigkeit einer juristischen Person nicht so weit reicht wie die Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person. Die Rechtsfähigkeit beschränkt sich zwar nicht nur auf die Vermögensfähigkeit und die Fähigkeit der Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr. Allerdings kann sich eine juristische Person nicht auf solche Rechte und Rechtsstellungen berufen, die eine menschliche Natur ihres Trägers voraussetzen (etwa Rechte, die sich aus dem Familienrecht ergeben).

Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)

Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) zum 1. Dezember 2020 ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gesetzlich ausdrücklich als rechtsfähig anerkannt. Gemäß § 9a Abs. 1 WEG ist sie Trägerin der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und kann damit Trägerin von Rechten und Pflichten sein.

Die Gemeinschaft kann unter ihrem Namen Verträge abschließen, vor Gericht klagen oder verklagt werden sowie Eigentum halten und verwalten. Diese Rechtsfähigkeit besteht unabhängig von einer Eintragung im Grundbuch und unterscheidet sich deutlich von der Rechtsstellung der einzelnen Wohnungseigentümer.

Im Außenverhältnis handelt die Gemeinschaft regelmäßig durch den Verwalter, wobei in bestimmten Fällen ein Beschluss der Eigentümerversammlung erforderlich ist (§ 27 WEG). Die einzelnen Wohnungseigentümer vertreten die Gemeinschaft grundsätzlich nicht, sondern haben lediglich Rechte im Rahmen ihres Sondereigentums und Mitwirkungsrechte in der Gemeinschaft.

Die gesetzlich verankerte Rechtsfähigkeit der WEG schafft Rechtssicherheit in der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums und erleichtert rechtliche Schritte gegen Dritte. Sie ermöglicht zudem eine klare Haftungsverteilung zwischen der Gemeinschaft und den einzelnen Eigentümern.

Sonderfall - Grundrechtsfähigkeit

Grundrechtsfähig ist jede natürliche Person, die fähig ist, Träger von Grundrechten zu sein. Die Grundrechtsfähigkeit ist allerdings weder im Grundgesetz noch im Bundesverfassungsgerichtsgesetz geregelt, weshalb bei Verfassungsbeschwerden die Vorschriften über die Parteifähigkeit gem. § 50 ZPO und § 61 VwGO (vgl. oben) entsprechend herangezogen werden. Deshalb beginnt die Grundrechtsfähigkeit einer natürlichen Person ebenso mit Vollendung der Geburt und endet dementsprechend auch mit dem Tod, also sobald die Gehirnfunktionen irreversibel ausgeschaltet sind.

Problematisch sind hierbei ebenso der nasciturus sowie der Tote. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist dem Nasciturus der Schutz der Art. 1 Absatz 1 GG und Art. 2 Absatz 2 Satz 1 GG vom Zeitpunkt der Empfängnis (Nidation) an gegeben. Kritik erfährt diese Rechtsprechung allerdings, weil sie teils widersprüchlich ist: einerseits die zulässige Tötung des Nasciturus durch medizinische Indikation, andererseits dessen „unantastbare“ Menschenwürde. Tote sollen hingegen aus Art. 1 Absatz 1 GG in Bezug auf solche Grundrechte grundrechtsberechtigt sein, die nicht an die Eigenschaft eines lebenden Menschen angeknüpft ist.

JuraFourm.de-Tipp: Juristische Personen des Privatrechts sind hingegen gem. Art. 19 Absatz 3 GG nur dann grundrechtsfähig, wenn das in Betracht kommende Grundrecht seinem Wesen nach auf die inländische juristische Person anwendbar ist. Dies ist dann der Fall, wenn das Grundrecht weder an die physische Existenz natürlicher Personen noch an die natürlichen Eigenschaften des Menschen anknüpft. Dies ist bspw. bei Art. 12 Absatz 1 (Berufsfreiheit) oder Art. 14 Absatz 1 (Eigentum) problemlos der Fall.

Nach Auffassung des BVerfG (vgl. NJW 82, 2173) sind juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht grundrechtsfähig, da hinter ihnen keine natürlichen Personen stehen, sondern der Staat und der Staat ist Grundrechtsverpflichteter, nicht Grundrechtsberechtigter.

Etwas anderes gilt nur

  • im Bereich der Justiz- oder Verfahrensgrundrechte, Art. 19 Absatz 4, Art. 101 Absatz 1 Satz 2, Art. 103 Absatz 1 GG
  • wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts keine öffentliche Aufgabe wahrnimmt
  • wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts sich in einem Bereich verteidigt, in dem sie vom Staat unabhängig ist, sich also in der gleichen grundrechtstypischen Gefährdungslage befindet wie der Bürger.

Dies ist anerkannt bei Rundfunkanstalten [Art. 5 Absatz 1 Satz 2 GG], Universitäten bzw. Fakultäten [Art. 5 Absatz 3 Satz 1 GG] und Religionsgemeinschaften [Art 4 Absatz 1 i.V.m. Art. 140 GG].


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